Im Winter 2018 eröffnete Stuben am Arlberg die Freiluftausstellung „Des Kaisers größte Stuben“, die mit großformatigen Bildern, informativen Texten und ausgewählten Literaturzitaten zum Eintauchen in die Geschichte des Bergdorfes einlädt. Die Ausstellung ist weiterhin online zugänglich und präsentiert die spannende Entwicklung Stubens von der Poststation des 19. Jahrhunderts bis hin zur heutigen Fremdenverkehrsregion.
Einblicke in die Geschichte
Der Titel der Ausstellung nimmt Bezug auf ein Zitat von Joseph Ritter von Bergmann aus dem Jahr 1868: „Endlich am Fuße des Arlberges das Dörfchen und die Poststation Stuben mit 20 Häusern und 133 Einwohnern, des Kaisers größte Stube, wie der Volksmund sich ausdrückt.“ Während im Jahr 1800 Landwirtschaft, Fuhrwesen und Straßenerhalt die Haupterwerbszweige bildeten, verlagerte sich der Fokus im 20. Jahrhundert zunehmend auf den Fremdenverkehr, der das Dorf nachhaltig prägte.
Neue Erkenntnisse und historische Highlights
Die Ausstellung wurde von Mag. Christof Thöny kuratiert. Im Rahmen der Vorbereitungen wurden neue Erkenntnisse zur Besiedelung des Kirchenbüchels und des „Fuchslochs“, dem Geburtshaus der Skipioniere Hannes und Friedrich Schneider, gewonnen. Ein dendrochronologisches Gutachten ergab, dass das verwendete Holz aus dem Jahr 1592 stammt und das Haus etwa um 1600 erbaut wurde – deutlich älter als bisher angenommen.
Themen der Ausstellung
Die Ausstellung beleuchtet weitere wichtige Kapitel der Dorfgeschichte:
Der Bau der Flexenstraße – ein Meilenstein der Erschließung.
Persönlichkeiten wie „Lawinen-Franz Josef“, die Postwirtin Fanny Fritz, und die Skirennläufer Willi Walch und Rosa Riezler.
Seltene historische Ansichten, die den Wandel des Dorfes über die Jahrhunderte dokumentieren.
Tauchen Sie ein in die faszinierende Geschichte von Stuben am Arlberg und entdecken Sie die Wurzeln eines Bergdorfes, das heute für seine Gastfreundschaft und seine Rolle im alpinen Wintersport bekannt ist.
"Des Kaisers größte Stube" - so bezeichnete der Volksmund das kleine Dorf Stuben am Arlberg, wie Joseph Ritter von Bergmann 1868 festhielt.
Diese Ausstellung präsentiert Bilder und Geschichten aus dem 19. und 20. Jahrhundert und stellt dabei die Menschen aus Stuben in den Mittelpunkt. Ein Querschnitt durch rund 200 Jahre zeigt die wechselvolle Geschichte des Ortes und die tiefgreifenden Veränderungen, die das Dorf geprägt haben.
Stuben um 1800 - Ein Ort zwischen Landwirtschaft und Verkehrsweg
Um 1800 war Stuben am Arlberg geprägt von Viehzucht, Ackerbau mit Erdäpfeln und Gerste sowie den Vorspannleistungen für Fuhrwerke. Zusätzlich arbeiteten die Bewohner an der Erhaltung der Straße, Schneeräumungen und der Öffnung der oft verschlossenen Passwege – Arbeiten, die durch die kaiserliche Baudirektion bezahlt wurden, wie Pfarrer Peter Schaffner 1835 berichtete.
Die älteste Darstellung von Stuben stammt von Franz Carl Zoller und zeigt das Dorf nach der Eröffnung der Arlbergstraße 1787 über das „Posteck“ und noch vor der verheerenden Lawinenkatastrophe von 1807. Die seit 1666 eigenständige Pfarre Stuben wurde in der Bayernzeit 1808 der Gemeinde Klösterle zugeordnet.
Diese frühe Zeit zeichnet ein Bild von Stuben als ein Dorf, das zwischen traditioneller Landwirtschaft und der Bedeutung als wichtiger Verkehrsweg am Fuße des Arlbergs stand.
Stuben vor dem Bau der Arlbergbahn - Ein Dorf im Dienst der Straße
„Das Dorf sieht aus, als wäre es nur zum Dienste für die Straße erbaut,“ schrieb Julius Mayr 1896 über Stuben am Arlberg. Die wenigen, eng an die Berglehne geschmiegten Häuser mit Erkern, gewölbten Hausfluren und Haustoren erzählen von einer frühen Entstehungszeit und der Rolle des Ortes als letzte Etappe vor dem beschwerlichen Arlbergpass.
Eine der ältesten Fotografien von Stuben, aufgenommen am 5. Juli 1879 vom Bregenzer Fotografen Theodor Immler, zeigt das Dorf vor dem Bau der Arlbergbahn und der Flexenstraße. Dieses Bild dokumentiert Stuben in einer Zeit, in der es noch stark von der Straße und den Vorspannleistungen geprägt war und seine zentrale Bedeutung für den Verkehrsweg über den Arlberg hatte.
Die Flexenstraße - Ein Meisterwerk der Ingenieurskunst
Die Flexenstraße führt über den Flexensattel (1750 m) und verbindet das Klostertal mit dem Lechtal. Von Stuben aus verläuft die Straße in Windungen zur Kanzel, durch einen Tunnel, mehrere Lawinengalerien und über eine kühn gewölbte Brücke, die sich spektakulär in den senkrechten Felsen zur Passhöhe schmiegt.
Der Vorarlberger Landeshauptmann Adolf Rhomberg wohnte 1897 der Eröffnung des ersten Abschnitts der Flexenstraße bei. Das beeindruckende Bauwerk wurde von Paul Illmer geplant und von Johann Bertolini und seiner Mannschaft in nur zwei Jahren errichtet. Bis 1909 wurde die Straße schließlich ins Lechtal weitergeführt und gilt bis heute als ein Meisterwerk der alpinen Straßenbaukunst.
Charakteristik eines Ortes
Stuben am Arlberg, ein Ort von besonderem Reiz, wurde in vielen Reiseberichten beschrieben. Eine der schönsten Schilderungen stammt von Martin Thomas Wegmacher, einem Pseudonym des Bauingenieurs Martin Martins, der an der Arlbergstraße arbeitete.
Die Häuser in Stuben sind fest aus Stein gebaut und mit robusten Dächern gedeckt – eine Notwendigkeit in dieser sturmgeplagten Gegend. Eng aneinander stehend, bieten sie gemeinsam Widerstand gegen die Naturgewalten. Eine düstere Quergasse führt zwischen den Häusern hindurch zu einem schmalen Holzsteg über den nahezu lautlosen Bach, der sich hinter dem Dorf schlängelt. Am anderen Ufer erhebt sich das Kirchlein auf einem grünen Hügel, umgeben von einem kleinen, ummauerten Friedhof.
Diese naturverbundene Architektur und die Lage des Dorfes verleihen Stuben seinen besonderen Charme, der Besucher seit jeher fasziniert und in den Beschreibungen der Vergangenheit lebendig wird.
Nach dem Bau der Arlbergbahn
Nach dem Bau der Arlbergbahn (1880–1884) verlor Stuben am Arlberg seine Bedeutung als wichtige Poststation. Während des Bahnbaus herrschte noch reges Leben, doch danach wurde die Arlbergstraße kaum noch benutzt, und der Ort fiel in schwierige Zeiten.
Der aufkommende Fremdenverkehr brachte schließlich die Wende und sicherte die Zukunft des Dorfes. Ohne diese Entwicklung wäre Stuben wohl früher oder später verlassen worden.
Der Lawinen-Franz_Josef
Um 1900 war Zürs nicht mehr als eine Sommerweide der Tannberger Walserbauern, mit dem kleinen Gasthof „Zur Alpenrose“, der nur im Sommer in Betrieb war. Im Winter übernahm Franz Josef Mathies (1864–1937) die Rolle des Wächters und kümmerte sich im Auftrag der Gemeinde Lech um die Flexenstraße, die damals noch nicht geräumt wurde.
Franz Josef Mathies, der aus Warth stammte und später mit seiner Familie in Stuben am Arlberg sesshaft wurde, erlangte als „Lawinen-Franz-Josef“ große Bekanntheit. Im Dezember 1886 wurde er nach einem Lawinenunglück an der Flexenstraße – unglaubliche 30 Stunden später – lebend aus den Schneemassen gerettet. Sein Mut und seine Geschichte machten ihn weit über die Region hinaus berühmt.
Postwirtin Fanny Fritz
Die Gastlichkeit hat in Stuben am Arlberg eine lange Tradition – schon bei seiner Entstehung war der Ort eine Wärmestube für Reisende. Im 20. Jahrhundert wurde Fanny Fritz (1874–1953), die legendäre Wirtin der „Post“ in Stuben und der Ulmer Hütte, zum Inbegriff dieser Gastfreundschaft.
Die Sektion Ulm übertrug ihr die Bewirtschaftung der Ulmer Hütte, wodurch sie untrennbar mit der Ski- und Berggeschichte des Arlbergs verbunden wurde. Tausende Skifahrer schätzten sie als mütterliche Gastgeberin, weshalb sie liebevoll die „Schimutter des Arlbergs“ genannt wurde.
Fanny Fritz' Name blieb weit über die Region hinaus bekannt – ein Symbol für herzliche Gastlichkeit am Arlberg. Auf einer berühmten Fotografie ist sie zusammen mit ihren zwei Bernhardinern zu sehen, die zu ihrem Erscheinungsbild gehörten und das Bild der Gastfreundschaft in Stuben prägten.
Landwirtschaft in Stuben - Ein harter Kampf ums Überleben
Die Landwirtschaft war neben dem Verkehr über den Arlberg über Jahrhunderte hinweg die Lebensgrundlage der Menschen in Stuben. Doch auf 1.400 Metern Seehöhe war sie stets von großen Herausforderungen geprägt.
Wie das Vorarlberger Volksblatt am 6. Oktober 1896 berichtete, konnte selbst im Oktober noch nicht alles Heu eingebracht werden. Klimatisch extreme Ereignisse, wie anhaltende Regenfälle oder späte Sonnentage, erschwerten die Arbeit zusätzlich. Schlechtes Heu bedeutete oft eine unzureichende Fütterung des Viehs und gefährdete die Existenzgrundlage der Bewohner.
So stand die Landwirtschaft in Stuben im ständigen Kampf gegen die Natur, die den Lebensalltag der Menschen maßgeblich prägte.
Fridtjof Nansen am Arlberg - Ein Besuch mit Geschichte
Fridtjof Nansen (1861–1930), der Wegbereiter des Skilaufs in Mitteleuropa, machte 1912 gemeinsam mit Olaf Gulbransson und dessen Frau Grete Gulbransson (geb. Jehly) Station in Stuben am Arlberg. Nansens legendäre Durchquerung Grönlands auf Schneeschuhen, die er in einem Buch beschrieb, hatte zuvor einen wahren Ski-Boom in den Alpen ausgelöst – das sogenannte „Nansenfieber“.
Grete Gulbransson hielt die Reise nach Stuben in einer lebendigen Schilderung fest. Der Weg von Langen nach Stuben, der sie so bewegte, wurde für sie zu einem besonderen Geschenk an Nansen. Der Aufenthalt im Gasthof Post, wo die „Fritzin“ sie willkommen hieß, zeigt die herzliche Gastlichkeit des Ortes.
Nansens Besuch unterstreicht die historische Bedeutung des Arlbergs als Wiege des Skisports und als Treffpunkt visionärer Persönlichkeiten, die den Wintersport in der Region nachhaltig prägten.
Stuben und die Skischulen Zürs
Schon um 1900 entdeckten die ersten Skiläufer in Stuben das damals unbewohnte Zürs als ideales Übungsgelände. In der Zwischenkriegszeit entwickelte sich Zürs zu einem internationalen Wintersportplatz, maßgeblich geprägt durch Skiläufer und Skilehrer aus Stuben am Arlberg.
Die bekannte Skischule Schneider-Jochum sorgte ab den 1930er Jahren für sportliche Impulse und lebendigen Wintertourismus. Eine Aufnahme des Fotografen Lothar Rübelt von 1949 zeigt eindrucksvoll die starke Beteiligung der Stubner Bevölkerung: Nicht weniger als neun Skilehrerinnen und Skilehrer aus Stuben waren in Zürs tätig – ein Beleg für die hohe wirtschaftliche Bedeutung des Skitourismus für die Region.
Stuben und Zürs sind somit eng miteinander verbunden, als Pioniere der Skikultur, die den Arlberg zu einer internationalen Wintersportdestination machten.
Albert Mathies - Skipionier und erster Skilehrer in Zürs
Albert Mathies (1891–1963) gehört zu den bedeutendsten Skipionieren aus Stuben am Arlberg. Als jüngerer Bruder des bekannten „Lawinen-Franz-Josef“ und der Theresia Mathies (spätere Frau von Viktor Sohm) prägte er die Entwicklung des Skisports in der Region entscheidend mit.
Schon als Jugendlicher lernte er gemeinsam mit Hannes Schneider das Skilaufen. Albert Mathies war der erste angestellte Skilehrer in Vorarlberg und unterrichtete am Bödele. Nach sechs Jahren Kriegsgefangenschaft in Russland kehrte er 1921 zurück und wurde der erste Skilehrer in Zürs, wo er als Pionier des alpinen Skilaufs wirkte.
Seine Rolle in der „Ski-Hochschule“ von Zürs, gemeinsam mit Skilehrern wie Toni Schneider, trug maßgeblich zur Entwicklung der Region als Wintersportdestination bei. Albert Mathies' Vermächtnis lebt als Wegbereiter des Skisports in Vorarlberg fort.
Friedrich Schneider - Skipionier und vielseitiger Gestalter
Friedrich Schneider (1898–1987) war eine der prägendsten Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts in Stuben am Arlberg. Als jüngerer Bruder des berühmten Hannes Schneider setzte er selbst große Akzente im Skisport und der Entwicklung der Region.
1928 gewann Schneider die Abfahrt beim ersten Arlberg-Kandahar-Rennen und bewies damit sein herausragendes Talent. Er gründete die Skischule Stuben, leitete rund 40 Jahre lang die Skischule Zürs und war Mitbesitzer des Hotels Lorünser. Neben seiner Rolle im Wintersportbetrieb blieb er seiner Heimat stets verbunden und betrieb über Jahrzehnte eine Landwirtschaft in Stuben.
Friedrich Schneider kombinierte sportliche Erfolge, unternehmerisches Geschick und tiefe Verwurzelung in der Region. Seine Leistungen trugen maßgeblich zur Geschichte und zum Ruf des Arlbergs als Zentrum des alpinen Skilaufs bei.
Militärischer Skilauf
Der Erste Weltkrieg war nicht nur ein Wendepunkt in der Geschichte, sondern auch ein bedeutender Motor für den modernen Skilauf. Skier wurden vor allem im Gebirgskrieg zwischen Österreich und Italien zu einem wichtigen Hilfsmittel und fanden vielfältige militärische Verwendung.
Die Zeitschrift „Der Winter“ (1914/15) bezeichnete den Einsatz des Skilaufs in den kriegsführenden Heeren als „Feuertaufe“, die seiner Zukunft entscheidende Bedeutung verlieh. Auch in Stuben am Arlberg hielten sich während der Kriegsjahre Soldaten auf, wie historische Fotografien belegen.
Die militärische Nutzung der Skier beschleunigte ihre technische Weiterentwicklung und trug maßgeblich zur Verbreitung des Skisports in den Alpen bei.
Willi Walch - Ein Skirennläufer von Weltklasse
Willi Walch (1912–1941) aus dem Hotel Mondschein in Stuben am Arlberg war vor dem Zweiten Weltkrieg der international erfolgreichste Skirennläufer Vorarlbergs. Besonders durch seinen eleganten Fahrstil machte er sich einen Namen und gewann zahlreiche prestigeträchtige Rennen.
Bei den Alpinen Skiweltmeisterschaften in Chamonix 1937 holte Walch die Silbermedaille im Slalom. Zwei Jahre später wurde er in Zakopane erneut Vizeweltmeister in der Kombination und gewann zusätzlich Bronze im Slalom. Der französische Berichterstatter Alex Viktot zählte ihn zu den besten Abfahrtsläufern der Welt und bezeichnete ihn als den unmittelbarsten Gegner des Weltmeisters Emile Allais.
Tragischerweise fiel Willi Walch am ersten Tag des Russland-Feldzugs 1941 im Zweiten Weltkrieg. Seine Erfolge bleiben unvergessen: Die Pokale des Ausnahmesportlers sind bis heute im Hotel Mondschein zu sehen – ebenso wie der dortige Kachelofen, der noch immer täglich in Betrieb ist.
Rosa Riezler - EinTalent des Vorarlberger Skisports
Rosa Riezler (1919–1990) aus Stuben am Arlberg begann bereits im Alter von 14 Jahren mit dem Skilauf und widmete sich schon bald dem Skirennsport. Mitte der 1930er Jahre feierte sie ihre ersten großen Erfolge und galt schnell als eine der besten Skiläuferinnen Vorarlbergs. Zwischen 1935 und 1937 gewann sie dreimal in Folge das renommierte Madloch-Rennen in Lech.
Wie auch ihr Bruder Rudi Riezler (1921–1942) war Rosa ein großes Talent. Doch der Zweite Weltkrieg verhinderte eine internationale Karriere, da sie nicht an Bewerben außerhalb der Region teilnehmen konnte. Nach dem Krieg startete sie 1946 noch bei einigen Rennen, bevor sie ihre sportliche Laufbahn beendete.
Rosa Riezler bleibt als herausragende Vorarlberger Skirennläuferin in Erinnerung, die in einer schwierigen Zeit sportliche Höchstleistungen erbrachte.